1. Frau Fischer, wie können Outdoor-Marken das wachsende Interesse - auch junger Frauen - an der Jagd nutzen, um ihre eigenen Zielgruppen zu erweitern und zu diversifizieren?
Zuallererst: Die Jagd- und die Outdoor-Branche sind natürliche Partner. Alle Interessengruppen, die Wildtiere und deren Lebensräume nutzen oder beeinflussen – sei es direkt oder indirekt – sind auf vielfältige Weise mit der Jagd verbunden und tragen somit eine gemeinsame Verantwortung. Diese umfasst unseren Beitrag zum Erhalt intakter Ökosysteme, den Schutz der Natur und einen respektvollen, ethischen Umgang mit Wildtieren. Aus diesem Grund sollten beide Branchen als ökonomische Einheit betrachtet werden.
Besonders bemerkenswert ist der wachsende Einfluss von jagenden Frauen in den letzten Jahren. Sie prägen und gestalten das Bild einer modernen und nachhaltigen Jagd längst mit und tragen entscheidend dazu bei, das Bild der Jagd zu modernisieren. Sie brechen alte Klischees auf und erleichtern dadurch nichtjagenden Menschen den Zugang zu einer konstruktiven Debatte über den gesellschaftlichen Stellenwert der Jagd. Frauen achten oft stärker auf ethischen und nachhaltigen Konsum und üben die Jagd auch deshalb aus, weil sie ein gesundes, hochwertiges, regionales Lebensmittel erzeugen möchten. Dieser Aspekt könnte für Outdoor-Marken besonders attraktiv sein, die sich im Rahmen ihrer Corporate Social Responsibility für den Schutz von Ökosystemen und Nachhaltigkeit einsetzen. Es bietet eine ideale Grundlage für Kooperationen, die sowohl ökologische als auch wirtschaftliche Ziele vereinen.
2. Welche konkreten Maßnahmen und Kommunikationsstrategien sind innerhalb der Jagd-Branche notwendig, um deren Image in der breiten Gesellschaft nachhaltig zu verbessern und Vorurteile abzubauen?
Der Fokus sollte auf Inhalten liegen, die breite gesellschaftliche Akzeptanz und Unterstützung finden. Die Jagd ist heute mehr als ein Hobby – sie ist ein wichtiger Dienst an der Natur und der Gesellschaft, verbunden mit einer Vielzahl interdisziplinärer und multidimensionaler Aufgaben. Die Zeiten, in denen die Jagd als reiner Freizeitspaß angesehen wurde, gehören der Vergangenheit an. Heute ist sie Teil eines modernen Wildtiermanagements, das vor komplexen ökonomischen, ökologischen und sozio-kulturellen Herausforderungen steht. Jägerinnen und Jäger übernehmen dabei eine Schlüsselrolle, insbesondere wenn es darum geht, Konflikte zwischen Mensch und Wildtier zu verhindern und zu lösen. Wir setzen uns aktiv für den Erhalt von Wildtierpopulationen und deren Wohlergehen ein. Deshalb ist es von großer Bedeutung, dass die Jägerschaft einen klaren Konsens darüber erreicht, wie sie sich nach außen darstellt – und zwar konsequent und crossmedial.
Ein besonderes Anliegen ist es mir, darauf hinzuweisen, dass weitgehend auf Erlegerbilder in sozialen Netzwerken verzichtet werden sollte. Solche Bilder werden von Menschen außerhalb der jagdlichen Community systematisch negativ wahrgenommen und als Symbol für Herrschaftsdenken interpretiert. Sie verstärken ein stereotypes und verzerrtes Bild der Jagd und lenken von ihren verantwortungsvollen Aufgaben ab. Zudem emotionalisieren sie die öffentliche Debatte unnötig.
3. Welche innovativen Potenziale zwischen der Jagd- und Outdoor-Branche sehen Sie als besonders vielversprechend, um gemeinsame Werte wie Nachhaltigkeit und Naturschutz zu fördern?
Ein zentrales Thema ist hier sicherlich die gemeinsame Anstrengung im Bereich der Umweltbildung. Gemeinsame Aufklärungs- bzw. Sensibilsierungskampagnen könnten das Bewusstsein für die Bedeutung der Wildtiere und des Naturschutzes fördern. Gemeinschaftliche Naturschutzinitiativen und -partnerschaften bspw. zur Wiederherstellung von Wildhabitaten und zur Erhaltung von Arten könnten beide Branchen vernetzen. Jagdverbände und Outdoor-Marken könnten Naturschutzprojekte unterstützen, etwa durch die Bereitstellung von Ausrüstung oder die finanzielle Förderung von Schutzgebieten. Die Entwicklung gemeinsamer Apps, die Jägerinnen und Jäger sowie Outdoor-Enthusiasten helfen, nachhaltige Entscheidungen zu treffen, ist ein weiteres vielversprechendes Potenzial. Solche Tools könnten etwa helfen, die Rücksicht auf die Bedürfnisse der Wildtiere zu erhöhen, Wanderrouten oder Mountainbike-Strecken auf entsprechende Weise zu planen oder unerwünschte Auswirkungen von Outdoor-Aktivitäten auf die Natur zu minimieren. Ebenfalls vorstellen könnte ich mir die Einführung von Kreislaufwirtschaftsmodellen, bei denen gebrauchte Jagd- und Outdoor-Ausrüstung repariert, recycelt oder in Sharing-Plattformen wiederverwendet wird. Dies würde nicht nur die Ressourcen schonen, sondern auch zu einer nachhaltigeren Nutzung von Produkten beitragen.
4. Welche Schritte sind notwendig, um den Sportfachhandel und die Jagdbranche erfolgreich miteinander zu verbinden?
Es braucht Mut und den Willen zur kontinuierlichen Erneuerung sowie einen offenen, interdisziplinären Austausch. Vorhandene Vorurteile sollten aktiv durch den Dialog abgebaut werden, denn die inhaltlichen Schnittmengen zwischen den Akteuren sind definitiv vorhanden. Diese gilt es gezielt, kreativ und konstruktiv zu nutzen. Unser gemeinsamer Fokus sollte auf einer klaren Wertorientierung liegen – insbesondere in Bezug auf Nachhaltigkeit, Natur- und Artenschutz sowie unsere Rolle im Rahmen eines integrativen Wildtiermanagements. Aus dieser geteilten Verantwortung erwachsen gemeinsame Potenziale, Aufgaben und Ziele.
Entscheidend für eine erfolgreiche Kooperation ist authentisches Handeln, das im Einklang mit unseren eigenen sowie den gesellschaftlichen Wertvorstellungen steht. Die klare und transparente Vermittlung dieser Werte und Inhalte ist zentral, um die angesprochenen Zielgruppen erfolgreich auf diesem Weg mitzunehmen und langfristige Akzeptanz und Unterstützung zu sichern.
Das Panel wird am Mittwoch, den 23. Oktober im Rahmen des Sporthandelskongresses in München stattfinden.